Diesen Artikel hatte ich in meinem Jahresrückblick 2022 schon angekündigt. Unser Leben als Mütter ist durchdrungen von digitaler Kommunikation, digitaler Organisation und auch der Begleitung unserer Kinder im Umgang mit digitalen Medien.

Unsere digitalen Helfer sind mittlerweile für viele unentbehrlich, aber dadurch entwickelte sich in den letzten Jahren auch einer Art digitale Dauerbeschallung. Und das wiederum führt dann relativ schnell zu „Mental Overload“, denn auch ohne diese digitale Dauerbeschallung haben wir ja eigentlich schon genug Mental Load als Mütter. Der Wunsch nach Ablenkung ist zwar durchaus nachvollziehbar, aber das Scrollen durch Instagramm oder Tik Tok ist da nicht die beste Strategie – so viel sei schon mal verraten.

Auf der Suche nach einer gesunden Balance zwischen der sinnvollen Verwendung digitaler Technologien und der Realität des täglichen Lebens, bin ich auf den Begriff und auch auf das gleichnamige Buch „Digitaler Minimalismus“ gestoßen. Und davon will ich Dir heute berichten.

Los geht’s!

Podcast-Episode #013 Wie Du als Mutter digitalen Stress reduzieren kannst

Unser digitaler Alltag als Mütter

Wie sieht Dein digitaler Alltag als Mama aus?

Wenn wir Mütter im Alltag mit den verschiedenen Anforderungen regelrecht jonglieren, dann können digitale Medien, vor allem das Handy, uns oftmals gut unterstützen und manches vereinfachen. An manchen Stellen wird es aber auch schnell zu viel, wie dieses Beispiel zeigt:

Morgens früh weckt Dich der Handywecker, nach dem Aufstehen, checkst Du Deine Nachrichten bei WhatsApp, um zu sehen, ob es eine Planänderung für den Tag gibt. Auch ein schneller Blick in Deine E-Mails kann ja nicht schaden, um auf dem Laufenden zu sein. Außerdem noch schnell die Wetter-App checken, damit alle passend gekleidet das Haus verlassen können.

In der Kita gibt es einen Aushang mit neuen Terminen, die Du schnell in den Kalender einträgst und ein Playdate für nächste Woche wird auch noch schnell vereinbart und abgespeichert. „Gut, dass ich Dich sehe – wir wollten uns doch mal verabreden. Passt es bei euch nächste Woche Mittwoch?“

Auf dem Weg zur Arbeit in der Bahn schnell die ersten Mails beantworten und als Belohnung für den stressigen Morgen mit den Kids schnell einen Blick auf Instagram werfen.

Auf der Arbeit angekommen, macht es in regelmäßigen Abständen „Pling“ und Du checkst kurz was, es war, denn es könnte ja was Wichtiges sein…

So oder so ähnlich ist es Dir bestimmt auch schon ergangen. Ich werde den Fokus in diesem Blogartikel auf das Handy legen, weil es im digitalen Mama-Alltag einfach am präsentesten ist. Selbstverständlich lassen sich einige der Tipps auch für andere digitale Medien übertragen.

Herausforderungen im Familienalltag

Ich habe mal drei Herausforderungen im Familienalltag herausgegriffen, in denen wir ein Handy gut gebrauchen können:

Alltagsorganisation (z.B. Kalender & Einkaufslisten)

Ich für meinen Teil schätze unseren Online-Familienkalender sehr! Egal, wo ich bin und ein möglicher Termin meinen Weg kreuzt, kann ich schnell abgleichen, ob oder wann dafür Raum ist und ihn verbindlich notieren. Keine Zettelwirtschaft und vergessene Termine mehr. Manche von euch nutzen auch Einkaufslisten-Apps und fühlen sich dadurch sehr entlastet und es ist ein guter Weg, Mental Load gemeinsam zu bewältigen und dadurch zu minimieren.

Warum-Fragen der Kinder

Wer kennt sie nicht, die unzähligen Fragen unserer neugierigen und wissensdurstigen Kinder? Und ich bin sehr froh, dass wir nicht mehr den Brockhaus in 30 Bänden im Bücherregal brauchen und ich auch nicht alles selbst wissen muss. Stattdessen können wir mit einem mobilen Gerät auf das verfügbare Wissen im Internet zurückgreifen, durch die Fragen der Kinder selbst etwas dazulernen und den Kindern vermitteln, wie sie an eine fehlende Information herankommen. #wunderdertechnik

Kommunikation mit oder über Kita/Schule/Sportverein/Gemeinde

Zu diesem Punkt meiner zufälligen Liste an Herausforderungen im Familienalltag kann man evtl. geteilter Meinung sein und gleichzeitig ist es eine gute Überleitung dafür, wie Du digitale Technik nutzen kannst, ohne dass sie unnötigen Stress verursacht.

Ich persönlich finde Elterngruppen bei WhatsApp oder anderen Messengerdiensten durchaus hilfreich, denn Informationen via Postmappe oder Email erreichen mich häufig nicht so zeitnah, wie es nötig oder sinnvoll ist. Und ich erinnere mich auch mit Schrecken an den Wust von Emails im Verteiler der Kitaeltern, da jede/r unbedingt immer ihre/seine Zustimmung zu einem Termin „an alle“ geschickt hat…

Die Messenger Nachrichten dagegen bleiben in ihrem „Universum“ des Gruppen-Chats und Termine können über Doodle o.ä. gefunden werden. Natürlich braucht es auch im Gruppen-Chat eine gewisse „Funkdisziplin“ oder falls das nicht klappt, kannst Du die Einstellung „Benachrichtigungen stummschalten“ nutzen.

Digitale Herausforderungen

Es gibt aber neben diesen und anderen nützlichen Funktionen, die uns den Alltag erleichtern auch die ein oder andere speziell digitale Herausforderung, über die ich natürlich auch sprechen möchte.

Wie oft am Tag entsperrst Du Dein Handy?
Bist Du dann sofort durch die Benachrichtigungen abgelenkt?
Und fragst Du Dich dann: „Was wollte ich gerade nochmal?“

Solange ich die Benachrichtigungen meines Handys noch aktiviert hatte, ging mir das regelmäßig so. Es passiert sogar, wenn einfach noch die zuletzt genutzte App geöffnet ist und mich dadurch von meinem eigentlichen Grund, das Handy in die Hand zu nehmen ablenkt.

Vielleicht hast Du auch schon bestimmte Handynutzungsroutinen bei Dir entdeckt? Z.B. bevor Du das Handy wieder beiseitelegst, „schnell“ nochmal bei WhatsApp und Co, in Dein Emailpostfach, bei Facebook, Insta oder Tik Tok, schauen, ob es etwas „Wichtiges/Neues“ gibt. Diese Verhaltensmuster können je nach Situation auch zu einem Loop werden, und haben ihren Grund in der FOMO:

Fear of missing out – die Angst, etwas zu verpassen

FOMO ist ein Begriff, der das Gefühl beschreibt, dass man etwas verpasst, wenn man nicht ständig online ist (oder nicht bei Aktivitäten oder Ereignissen dabei ist). Die Angst ist mittlerweile eng mit der Verwendung von sozialen Medien und digitalen Technologien verbunden. Sie kann zu einem erhöhten Stresslevel, Angstzuständen und Unruhe führen, ganz besonders, wenn Du aus anderen Gründen schon anfällig für Unsicherheiten und Ängste bist.

Fear of missing out für zu digitalem Stress
Die Angst, etwas zu verpassen.

Wenn Du ständig online bist, um sicherzustellen, dass Du keine wichtigen Ereignisse, Nachrichten oder Aktivitäten verpasst, führt dies in der Regel auch zu einer übermäßigen Nutzung von digitalen Geräten, was wiederum negative Auswirkungen auf Deine Gesundheit hat. Es ist wichtig, die Auswirkungen von FOMO zu kennen und Strategien zu entwickeln, um sie zu bewältigen.

Dazu gehört, Dir bewusst zu sein,

  • wann Du Dich in sozialen Medien aufhältst
  • wie viel Zeit Du online verbringst, sowie
  • Dir regelmäßige Auszeiten von der digitalen Welt zu nehmen.

Noch mehr gute Gründe für digitalen Minimalismus

Auch ohne FOMO geht es uns häufig nach der Handynutzung nicht besser. Du wunderst Dich, wie schnell die Zeit vergangen ist, hast Dich mit dem Handy „erfolgreich“ von deiner eigentlichen Aufgabe abgelenkt und kommst dadurch jetzt in unnötigen Stress.

Oder Deine Stimmung ist gedrückt, weil Du vom Algorithmus von einer schlechten Nachricht zur nächsten noch schlechteren Nachricht gepusht wurdest. Jetzt fühlst Du Dich hilflos und traurig. Vielleicht hast Du auch Dinge erfahren, die es eigentlich nicht wert waren, sich mit ihnen zu beschäftigen und hast damit unbewusst Deinen eh schon hohen Mental Load noch unnötig weiter erhöht.

Das alles erzeugt Stress, ähnlich wie der Besitz von vielen Dingen Platz, Zeit und Geld kostet. Genauso wie wir unseren physischen Besitz verstauen und pflegen müssen, binden digitale Geräte und die installierten Apps Zeit, um diese aufzurufen, zu nutzen, upzudaten oder Fehler zu beheben. Es macht also Sinn, genau für sich zu prüfen, welche der Apps welchen Nutzen haben und ob dieser Nutzen die Risiken & Kosten wert ist.

Verbessere den Kontakt zu Dir und Deinen Mitmenschen

Keine Benachrichtigungen mehr zu bekommen und zu bestimmten Uhrzeiten bewusst unerreichbar und stattdessen präsent & fokussiert zu sein, kann Dir ein ganz neues Lebensgefühl bescheren. Die Zeit, die Du nicht mehr mit Deinem Handy verbringst, könnte genau die Zeit sein, die Dir aktuell z.B. für Deine Selbstfürsorge fehlt.

Häufig wird das Handy ja auch nebenbei benutzt, obwohl Du gerade eigentlich im Gespräch bist oder Dein Kind beim Anziehen begleitest. Oder das „Pling“ einer Benachrichtigung Dich in Deinem Tun unterbricht und Du direkt nachschauen „musst“, was es gewesen ist (siehe FOMO).

Die Omnipräsenz des Handys im Alltag kann verhindern, dass Du Dich Deinem Kind und anderen Menschen ausreichend (auf Augenhöhe und) mit Augenkontakt zuwendest. Durch die Nachrichten auf dem Handy bist Du mit dem Kopf oft schon drei Schritte im Ablauf weiter, verlierst Du die Kooperationsbereitschaft Deines Kindes und ihr landet in einem Machtkampf, weil Dein Kind von Dir zu wenig Orientierung bekommen hat.

Pausen können ihre Wirkung nicht entfalten, wenn Du nebenher in einer Parallelwelt versinkst.

Auch die kleinen sich natürlich ergebenen oder auch die geplanten Pausen in Deinem Mama-Alltag können ihre Wirkung nicht vollständig entfalten, wenn Du in jeder Wartesituation oder beim Kaffeetrinken nebenher in einer Parallelwelt  versinkst. Stattdessen könntest Du heute mal das hier ausprobieren:

3 alltägliche Alternativen für sinnloses Daddeln

  • aus dem Fenster schauen
  • Atemübung
  • Kaffee-/Teepause ohne Handy

Gewonnene Zeit sinnvoll und mit Freude für Dich nutzen

Es lohnt sich, auch generell zu überlegen, welche Aktivitäten in Deinem Leben bisher (vielleicht wegen des übermäßigem Handygebrauchs) zu  kurz kommen. Das könnte dann zur zusätzlichen Motivation werden, das Handy künftig öfter mal zur Seite oder besser gleich in einen anderen Raum zu legen.

Wofür willst Du Dir noch oder wieder mehr Zeit nehmen? Zeit, die Du zukünftig nicht mehr mit Deinem Handy verschwendest. Hier habe ich ein paar Ideen für Dich – schau mal, was da für Dich passt:

  • Bewegung in welcher Art auch immer (Sport/Tanzen/Spazieren gehen)
  • ein echtes Buch oder eine Zeitschrift aus Papier lesen
  • Podcast hören (ohne dabei parallel auf Social Media zu scrollen)
  • Journaling (z.B. darüber, warum Du gerade schon wieder das Handy zur Hand nehmen wolltest)
  • ein verloren gegangenes Hobby wieder beleben (basteln/backen/Instrument spielen)
  • abends statt erschöpft aufs Sofa zu fallen, direkt schlafen gehen

Gerade das Journaling kann Dir dabei helfen, Deine Bedürfnisse hinter der Strategie „Handy in die Hand nehmen“ oder des Öffnens einer bestimmten App zu erkunden. Oder Deine FOMO zu erkunden: Warum habe ich das Gefühl, etwas zu verpassen? Und was verpasse ich dadurch aber in meinem eigenen Leben?

100% Minimalismus? Ist das überhaupt möglich?

Digitaler Minimalismus oder Slow Media?
Ist das überhaupt realistisch?

Ich bin ehrlich: Eine radikale Eliminierung des Handys oder gar digitaler Medien an sich, kommt für mich nicht in Frage. Die wenigsten von uns werden es schaffen, komplett auf das Handy zu verzichten. Und darum geht es mir in dieser Podcast-Episode auch nicht.

Wir leben in einer digitalen Welt und das Ziel von digitalem Minimalismus ist es in meinen Augen, eine gesunde Balance zu entwickeln. Eine bewusste Reduzierung und Einschränkung der digitalen Technologie, um mehr Zeit und Raum für das reale Leben zu schaffen. Statt der radikalen Ablehnung von digitalen Medien möchte ich für mich den Weg des „Slow Media“ wählen.

„Analog zu Slow Food geht es bei Slow Media nicht um schnelle Konsumierbarkeit, sondern um Aufmerksamkeit bei der Wahl der Zutaten und um Konzentration in der Zubereitung.“

Das Slow Media Manifest

In diesem Manifest dreht sich alles um das Thema Bewusstsein, Du kannst es auch Achtsamkeit nennen. Konkret bedeutet das: Unterscheide zwischen not-wendigen Apps und optionalen Apps. Auf optionale Apps kannst Du ohne Risiko eine Zeit lang oder auch für immer komplett verzichten.

Du könntest also mal das Haus für einen Spaziergang verlassen, ohne das Handy dabei zu haben. Wenn dann beim Laufen Unruhe aufkommt, kannst Du die Zeit zum Spüren und Reflektieren nutzen und gewinnst womöglich wichtige Erkenntnisse bzgl. deiner FOMO. Eine andere Möglichkeit sind z.B. einzelne Tage festzulegen, vielleicht der Sonntag, an denen Du die optionalen Apps gar nicht nutzt.

Für die not-wendigen Apps braucht es dann klare Regeln oder feste Zeiten, wann Du diese Apps nutzt und vor allen Dingen, wann nicht. Dabei kannst Du Dich von einer App für digitales Wohlbefinden unterstützen lassen (bei Android ist kannst Du sie in den Einstellungen finden).

Da wo es möglich ist, kannst Du Deine Aktivitäten in einer App auf dem Handy auch auf den Laptop verlagern. Ich nutze z.B. Facebook hauptsächlich beruflich und tue das überwiegend vom Laptop aus und nicht mehr zwischendurch vom Handy.

Meine effektivsten 5 Tipps, die Du sofort umsetzen kannst

Da ich immer wieder nach konkreten Tipps gefragt werde, habe ich hier meine effektivsten Tipps im Umgang mit dem Handy im Alltag zusammengetragen, die Du jetzt direkt umsetzen kannst, um Deinen Handykonsum zu reduzieren:

  1. Push-Benachrichtigungen ausschalten (Gruppenbenachrichtigungen/Statusmeldungen bei WA stummschalten)
  2. Zeitbegrenzungen für einzelne Apps einstellen (Dauer, Tageszeit)
  3. „Nicht stören“ Funktion bzw. Flugmodus (für einen spielerischen Zugang die App „Forest“ nutzen)
  4. Handy weg außer Reichweite/Handyparkplatz
  5. spezielle „Daddelzeiten“ einplanen (bei mir mit Hula Hoop kombiniert)

Reflexionsfragen für Dich

Auch wenn Du im Moment vielleicht noch zurückschreckst, ein paar meiner zahlreichen Tipps aus dieser Episode auszuprobieren, möchte ich Dich zumindest dazu einladen, Dich und Deine Handynutzung mal bewusst zu beobachten. Nutze dafür zum einen die Statistiken, die Dir Dein Handy liefert, aber gehe auch in die Meta-Perspektive:

  • Welche Apps nutzt ich wie lange? Warum tue ich das?
  • Wie oft am Tag entsperre ich meinen Bildschirm?
  • Wovon will ich mich in welcher Situation ablenken?

Und auch wenn Du dann etwas veränderst in Richtung digitalem Minimalismus/Slow Media, beobachte Dich auch dann:

  • Was hat sich verändert?
  • Wie fühle ich mich durch diese Veränderung?
  • Wo kann und will ich noch weiter gehen?

Ich wünsche Dir wunderbare Erkenntnisse auf diesem Weg. Und lass Dich nicht entmutigen durch zwischenzeitliche Rückschläge, sondern gehe auch dann in die Beobachtung:

  • Warum verfalle ich gerade in alte Muster?
  • Kann und will ich heute milde mit mir & meinem Vorhaben sein?
  • Was hilft mir, es morgen wieder anders zu machen?

Fazit

Dieser Artikel ist jetzt tatsächlich länger geworden, als ich zunächst vermutet habe. Aber es war mir wichtig, Dir meine Erfahrungen und Erkenntnisse mit auf Deinen Weg zu geben. Es geht um Deine Lebensqualität und darum, die Kontrolle über Dein digitales Leben zu gewinnen. Dafür braucht es Bewusstsein, Achtsamkeit und die Reduktion von Multitasking.

Vielleicht willst Du ja jetzt die anstehende Fastenzeit zum Experimentieren nutzen?! Du musst das auch nicht alleine tun – leite den Blogartikel doch an eine Freundin weiter und begebt euch gemeinsam auf die Reise zu einem entspannteren Alltag mit weniger Ablenkung und mehr Präsenz für Dich und andere Menschen um Dich herum.

Schreib mir gerne Deine Gedanken und Erfahrungen in die Kommentare unten den Blogartikel.

Alles Liebe für Dich,

Deine Julia
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